Opas große Liebe

Kindergeschichte für Senioren zum Vorlesen – Opa war früher ein Motorradfan

Als Pia und Pit mit Opa vom Markteinkauf zurückkommen, hält gerade Nachbar Berger vor Opas Haus an. Sein alter Mercedes zieht einen Anhänger und auf dem steht … ein Motorrad. Es ist eine alte Maschine und dennoch sieht sie toll aus und riesig und interessant.
„Wow!“ Pit läuft zum Anhänger hinüber. „Was für ein geiles Teil!“
„Das Ding ist aber alt. Und schmutzig“, sagt Pia und folgt ihrem Bruder.
Opa sagt erst einmal nichts. Er ist blass geworden.
„Ei-eine alte Harley“, stammelt er schließlich. Mit staksigen Schritten geht er auf den Anhänger zu. „D-das ist doch tatsächlich eine alte Ha-harley. Ich fasse es nicht.“
„Für meine Sammlung im Schuppen“, sagt Nachbar Bergmann. „Ein Schnäppchenpreis. Ich konnte nicht ‚Nein‘ sagen.“
Das versteht Opa gut. „Da hätte ich auch nicht über mich gebracht. Was für eine Glücksgriff!“
Zärtlich streichelt Opa über das schmutzige, verrostete Blech.
„Ein Wunder“, sagt er mit Ehrfurcht in der Stimme. „Es ist wie ein Wunder.“
„Ein Wunder, das ganz schön gammelig aussieht“, meint Pia, und Pit fragt:
„Gefällt dir dieses alte Motorrad, Opa?“
„Gefallen?“ Opa atmet schwer „Ich liebe diese Maschine. Habe sie immer geliebt.“
„Dieses Motorrad?“ Pia sieht Opa mit großen Augen an.
Auch Pit staunt. „Du liebst ein Motorrad?“
„Diese Harley habe ich früher einmal gefahren“, sagt Opa mit belegter Stimme. „Nein, ich meine natürlich nicht diese, aber dieser Motorradtyp und auch dieses Baujahr.“
Da staunen alle noch mehr.
„Du hast früher so ein großes Motorrad gefahren?“, ruft Pit. Er freut sich. „Das ist ja voll cool!“
„Mit Helm und engen Lederklamotten?“, fragt Pia und muss lachen. Sie kann sich Opa in Helm, Stiefeln, Lederhose und Bikerjacke nur schwer vorstellen.
„Ho! Lacht ihr nur!“ Opa stemmt die Hände in die Hüften. „Ich war ein Vollblutbiker. Damals. Meine Harley und ich, wir waren ein gutes Team.“
Er streicht über den Lenker der alten Maschine.“
„Sie war meine erste große Liebe. Und sie ist es bis heute geblieben. Was nach ihr kam, konnte nicht mit ihr mithalten“, sagt Opa versonnen. „So ist das mit der Liebe eben manchmal.“
„Deine erste große Liebe?“, hallt da eine Stimme vom Balkon her. „Und, wie ich gerade höre, auch deine einzige? Was soll man davon halten?“
Opa zuckt zusammen. Erschrocken sieht er zu Oma hinauf, die mit empörter Miene an der Balkonbrüstung steht. Er wird noch blasser.
„N-nein“, stammelt er. „E-es ist nicht, was du denkst. I-ich…“ Er macht eine Pause, denkt nach. Nur jetzt nichts Falsches sagen!
„M-meine erste große L-liebe warst natürlich du. … U-und du bist es noch immer. Oder was dachtest du?“
„Ja, was dachte ich wohl gerade?“ Oma muss nun doch grinsen. So erschrocken und bleich hat sie Opa schon lange nicht mehr gesehen und obwohl sie weiß, dass Opa ‚nur‘ von einer Motorradliebe und von sonst nichts gesprochen hat, will sie noch ein Bisschen ihren Spaß haben. Zu gut gefällt ihr Opas Gesicht, das sich aus Verlegenheit mehr und mehr rötet. Zu gut.

© Elke Bräunling

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Opas große Liebe, Bildquelle © aidigital/pixabay

Geschichte für Senioren zum Vorlesen, bei Veranstaltungen u. geselligem Beisammensein, im Seniorenheim und/oder Zuhause

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