Lichter für den Kirschbaum

Lichter für den Kirschbaum

Adventsgeschichte für Senioren

Titel + Illustration Mann hängt Lichterkette an kahlen Kirschbaum„Man sollte das Dunkel bunt bemalen.“

Wenn der November sich grau und schwer zeigt, sehnen wir uns nach Licht. Diese leise Adventsgeschichte erzählt von Herrn Valentin, der den kahlen Kirschbaum in seinem Garten nicht einfach traurig dastehen lässt, sondern ihn mit einer einfachen, liebevollen Idee wieder zum Leuchten bringt. Ein Text über Mut, Kreativität und das kleine Licht, das jeder von uns in die dunkle Zeit tragen kann.
Mit Kurzfassung in einfacher Sprache und Fragerunde.

 

 

Lichter für den Kirschbaum

Der Sturm hatte über Nacht die letzten Blätter vom Kirschbaum gefegt. Nackt und kahl streckte der nun seine Zweige in das Grau des Novemberhimmels. Er sah traurig aus nach dieser Sturmnacht, wirkte verlassen und seiner Würde beraubt. Ein Gefühl, das zu diesem Spätherbsttag passte. Fast konnte man sich beim Anblick des kahl gefegten Novembergartens ähnlich farb- und kraftlos fühlen. Egal. Da musste man durch. Es dauerte ja nun nicht mehr lange bis zum Beginn der Adventszeit, die neues Licht in die Tage bringen und jenes eigenartige Gefühl der hilflosen Traurigkeit verabschieden würde, es sei denn, man gefiel sich darin, im Grau trister Gedanken zu baden.
Der Herr Valentin gehörte nicht zu den Menschen, die sich lange von äußeren Gegebenheiten beeinflussen ließen. Das Leben war zu kurz, um Zeit mit Trübsinn und Melancholie zu verschwenden. Leuchtend bunte Farben strahlten bekanntlich in finsteren Ecken besonders eindrucksvoll.
„Man sollte das Dunkel bunt bemalen!“, sagte er. Er machte gerade seinen täglichen Rundgang durch den Garten und klaubte die Äste, die der Sturm von den Bäumen gerissen hatte, zusammen. Die warf er auf den Laubhaufen, der am Zaun neben dem Kirschbaum seinen Platz hatte. Zweifellos. Sehr trist sah es hier nun aus. Gestern noch hatten die maisgelben und orangefarbenen Blätter die Kirschbaumkrone geschmückt. Es hatte einem trotzigen Lächeln geähnelt, einem unausgesprochenen ‚Uns-kann-keiner-etwas-anhaben‘. Wie kleine Lichter hatten die Herbstblätter geschimmert und im Zusammenspiel mit den Sonnenstrahlen einem vorweihnachtlichen Lichterbaum geähnelt. Undenkbar, dass ein wütiger Sturm jener friedliche Harmonie ein so abruptes Ende hatte bereiten können.
„Schade“, brummte Herr Valentin. „Aber alles muss man nicht hinnehmen. Dieser grauen Zeit ein Schnippchen schlagen, ja, das würde mir gefallen.“
Er blickte sinnend in das kahle Kirschbaumgeäst hinauf, dann schlich sich ein Lächeln in sein Gesicht. Und ohne sich weiter aufzuhalten, ging er ins Haus und kramte auf dem Dachboden die Lichterkette hervor. Die gehörte eigentlich zur Fichte im Vorgarten. Wer aber sagte, dass nur Nadelbäume in Vorgärten das Licht tragen durften? Nein, hier hinten an der Grenze zum Nachbarhaus würde ein helles Leuchten mehr Freude bringen. Lichtertannen hatte jeder und bald würden die einander wieder Konkurrenz machen. Eine weniger würde da kaum auffallen.
Valentin war sich sicher. Hier fehlte das Licht. Und schon am Abend ersetzten kleine Lichtpünktchen die Blätter in den Kirschbaumzweigen und das war genau richtig so, nicht nur für die kommende Adventszeit.

© Elke Bräunling

.Illustration Mann hängt Lichterkette an kahlen Kirschbaum

 

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Kurzfassung

Lichter im Kirschbaum

Kurze Fassung in einfacher Sprache

Über Nacht hat ein Sturm die letzten Blätter vom Kirschbaum gefegt.
Nun steht der Baum nackt im grauen Novembergarten. Er sieht traurig aus.
Auch Herr Valentin findet den Anblick trüb. Er möchte sich aber nicht die gute Laune verderben lassen.
„Man muss das Dunkel bunt bemalen“, sagt er.
Er sammelt die abgefallenen Äste ein und denkt dabei an die Tage, als die gelben und orangen Blätter noch wie kleine Lichter in der Baumkrone schimmerten.
Gestern war der Baum noch schön. Heute sieht er leer und verlassen aus.
Aber Herr Valentin hat eine Idee:
Warum nicht Lichter statt Blätter?
Er geht ins Haus, kramt auf dem Dachboden eine Lichterkette hervor und trägt sie in den Garten.
Eigentlich gehört sie an die Fichte im Vorgarten, aber wer sagt denn, dass nur Tannenbäume leuchten dürfen?
Am Abend schimmern kleine Lichtpunkte in den Zweigen des Kirschbaums.
Sie ersetzen die verlorenen Blätter und bringen Wärme und Freude in die frühe Adventszeit.
Herr Valentin lächelt.
So wird aus Grau wieder Licht.

© Elke Bräunling

 

Fragerunde zur Geschichte

1 Warum wirkt der Kirschbaum am Morgen so traurig?
2 Welche Gefühle löst der graue Novembergarten aus?
3 Warum lässt Herr Valentin sich davon nicht unterkriegen?
4 Was bedeutet sein Satz: „Man sollte das Dunkel bunt bemalen“?
5 Welche Erinnerung hat Herr Valentin an den Baum vom Vortag?
6 Wieso kommt ihm die Idee mit der Lichterkette?
7 Was verändert sich durch die kleinen Lichter im Baum?
8 Warum kann Licht im Advent so tröstlich sein?
9 Haben Sie selbst schon einmal etwas Dunkles „heller gemacht“?
10 Was sagt diese Geschichte über Lebensmut und Kreativität?

 

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