Ein Fastnachtsbild

Fröhliche Geschichte zur Fastnachtszeit für Groß und Klein – Wenn die Hände anders malen als der Kopf es will

„Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn…“
Oma Baumann tanzte als Zitronenkönigin mit einem hohen Hut, der mit Zitronenhälften beklebt war, verkleidet ins Zimmer herein.
Herrje! Sie machte es ernst mit ihren Fastnachtsplänen. Opa Baumann erschrak. Er hasste Fastnacht und er hasste das Verkleiden. So ein Unfug!
„Nein“, knurrte er daher, ohne den Blick von seiner Staffelei zu heben. „Ich kenne nur das Land, wo die Kanonen blühn, und das ist von Kästner. Es ist ein Gedicht.“
Und ohne viel nachzudenken und schon gar nicht freiwillig malte er einen Zitronenhut, der auf einer Kriegskanone aus dem Dreißigjährigen Krieg lag, in sein Bild mit der Frühlingswiese. So ein Blödsinn! Er erschrak, doch da war es schon zu spät.
„Mist! Nun habe ich mein Bild verdorben“, schimpfte er. „Dass du aber auch immer so laut hier hereinpoltern musst!“
Oh! Entschuldige! Ich wollte dich nicht stören“, sagte Oma Baumann mit spitzer Stimme. Sie war beleidigt. Und beleidigt rauschte sie davon.
Opa Baumann atmete auf. Wenn sie schmollte, hatte er mindestens eine Stunde seine Ruhe und konnte ungestört weiter malen. Er wandte sich wieder der Staffelei zu und versuchte, sein Bild zu retten. Der Apfelbaum, der im Vordergrund die Wiese mit seinen Zweigen umrahmte, sollte Blüten bekommen. Es war schließlich Frühling. Auf dem Bild und in Opa Baumanns Gedanken.
„Der hat ‘nen Knall! Opa, hör mal!“ Jonathan stand plötzlich vor ihm und erzählte etwas von seinem fiesen und gemeinen Lehrer. „Eine Strafarbeit hat er mir aufgebrummt. ‘nen Aufsatz mit einem Indianer und einem Vogel soll ich schreiben. Echt, den Vogel hat er selber.“
„Hm! Hm!“, machte Opa Baumann und malte einen riesig großen Raben, der auf dem Apfelbaum saß, und einen winzig kleinen Indianer, der auf einer Löwenzahnblüte in der Frühlingswiese lag. „Dann schreib diesen Aufsatz halt und störe mich nicht länger, brummte er.“
Jonathan schmollte. „Du bist gemein“, maulte er und rannte zu Oma, um sich über Opa zu beklagen.
Der klagte auch. Über den Vogel, den Indianer, die Kanone und den Zitronenhut auf seinem Bild. Was hatten die mit einer Frühlingswiese zu tun?
„Was bin ich doch für ein Narr!“, schalt er sich und seine Hand malte ein Clownsgesicht, das neben dem Raben im Apfelbaum hing und dämlich grinste.
„Oh, toll!“, rief die kleine Selina, die ins Zimmer gestürmt kam und sich neben ihm aufgebaut hatte. „Das ist ein feines Fastnachtsbild. Jetzt fehlt nur noch eine Prinzessin. Und an den Baum hängen wir Luftschlangen. Bunt sollen die sein, ganz bunt.“
„Eine Prinzessin?“, stammelte Opa Baumann. „Was macht eine Prinzessin auf einer Frühlingswiese?“
„Tanzen!“, krähte Selina fröhlich. „Mit dem müden Indianer und dem Clown, und auf die Zitronenhutrakete malen sie viele freche Smileys.“
Smileys?
„Diese Kanone ist keine Rakete und ich … Oh, ich bin vielleicht heute wieder ein verrückter Maler!“
Opa Baumann drückte Selina einen Pinsel in die Hand. „Los! Du malst jetzt die Luftschlangen und ich die Prinzessin. Und die kriegt Omas Gesicht und ihr Lächeln. Vielleicht ist sie mir dann auch nicht mehr böse und …“
Und dann malten sie.
Was Oma später dazu dann sagte, das, ja das ist dann eine ganz andere Geschichte.

© Elke Bräunling

Opa Baumann malt, © JakeWilliamHeckey/pixabay

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