Sommerhitze und Enten

Sommergeschichte zum Schmunzeln – Sommer soll heutzutage gefährlich sein?

„Heiß soll es heute werden. Sehr heiß und das ist gefährlich!“
Nachbarin Friedlinde wischte sich vorsorglich mit dem Taschentuch über die Stirn. „Die Wetterkarte in den Nachrichten gestern war tiefrot, röter geht es nicht.“
„Und deshalb ist dir heiß?“ Else blickte auf das Thermometer, das hinter ihr an der Wand hing. „Wir haben bald Mittag und es sind gerade mal 23 Grad. Da muss sich die Sonne aber noch sehr anstrengen, um …“
Friedlinde winkte ab. „Du wieder! Sie haben es in den Nachrichten gesagt und da muss es stimmen. Wir alten Leute sind gefährdet und viel trinken müssen wir auch.“
Die Nachrichten! Else musste sich das Lachen verkneifen, stimmte aber zu, weil es ums Trinken ging. Das war wirklich wichtig.
„Darf ich dir ein Gläschen Wasser anbieten?“, fragte sie.
„Wasser? Ein Gläschen? Herrje!“ Friedlinde blickte sie entsetzt an. „Ich bin doch keine Kuh, die sich am Wassertrog labt! Nein, wenn schon, dann steht mir der Sinn nach einer schönen Tasse Kaffee. Oder noch besser ein Eiskaffee mit Schlagsahne. Ja, das wäre himmlisch und dieser unmenschlichen Hitze angepasst. Aber so etwas Leckeres hast du sicherlich nicht im Haus, wie ich dich kenne.“
„Ach Friedelinde, Eiskaffee mit Schlagsahne ist eine Nascherei und die macht dick. Eine Tasse Kaffee kann ich dir aber gern anbieten, vielleicht magst du dazu ein kühles Mineralwasser?“, versuchte es Else wieder
„Mit gesundem Wasser lebst du auch nicht länger.“ Friedlinde winkte ab. „Aber was mir die ganze Zeit schon durch den Kopf geht: Ich bin ja alt und vielleicht irre ich mich, aber fandest du die Sommer unserer Kindheit so viel kühler? Überall warnen sie vor der Hitze und verbreiten Angst. Aber wir haben doch einen ganz normalen Sommer, der längst nicht der heißeste ist. Davor muss man sich doch nicht fürchten?“
Else überlegte. Friedelinde hatte recht.
„Wir lassen uns wohl verrückt machen, schätze ich, und das ergibt keinen Sinn! Ich erinnere mich noch gut daran, wie heiß es damals war, wenn wir Sommerferien hatten. Meine Mutter verdunkelte tagsüber die Schlafräume, damit man dort nachts gut schlafen konnte.“
„Stimmt! Das war eine Hitze und manchmal nur schlecht auszuhalten. Zum Trost aßen wir Unmengen von diesem leckeren Wassereis, das nach Zitronen, Himbeeren und Kirschen schmeckte. Und Mutters selbstgemachte Sauermilch mit Bratkartoffeln. Hm! Das schmeckte köstlich. Ein richtiges Sommeressen, denn die Hitze  gehört zum Sommer wie die Butter aufs Brot. Ich kenne auch niemanden, der ihretwegen verstorben ist“, knurrte Friedlinde. „Wo sind denn all die Toten, von denen sie in der Zeitung und in den Nachrichten sprechen und die wegen des Wetters ihr Leben verloren haben?“
„Es sind die Enten“, antwortete Else trocken.
„Welche Enten?“
„Die Zeitungsenten.“
Else lachte wieder und Friedlinde konnte nicht anders, sie musste nun mitlachen. Bei Else gelang es ihr einfach nicht, schlechte Laune zu verbreiten, und das war gut so.

© Elke Bräunling


Sommer, Bildquelle © pasja1000/pixabay

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