Telefon für alle

Geschichte für Groß und Klein – Vom Telefonieren in Omas Jugend damals

Mit einem zufriedenen Lächeln kam Oma Marion von ihrem Einkauf auf dem Markt zurück.
„Heute ist Flohmarkt. Seht mal, was ich gefunden habe.“ Sie wuchtete den Einkaufskorb auf den Tisch und begann, ihn auszuräumen. Ein Blumenkohl, zwei Kopfsalate, Zwiebeln, Chilischoten, Tomaten, Knoblauch, Petersilie und Suppengrün, Zitronen, Äpfel, Kiwi und Bananen, dann noch zwei Päckchen Eier, Butter, Käse legte sie auf den Küchentisch.
„Da!“, sagte sie dann. „Da ist es! Mein Fundstück!“
„Was?“
„Was ist das?“
Enttäuscht starrten Elsa und Jakob auf das hässliche schwarze Ding in Oma Marions Korb. Was war das denn nur?
„Ein Telefon ist das“, verriet Oma Marion. „Das sieht doch jeder.“
Die Geschwister quiekten vor Vergnügen.
„Das sieht vielleicht doof aus!“
„Man kann es ja gar nicht in die Tasche stecken!“
„Nee“, sagte Oma. „Das ginge auch nicht, denn das Telefon aus meiner Kindheit war mit einer Schnur fest mit der Wand verbunden und stand im Flur auf einem Telefontischchen. Das konnte man nicht eben mal so mitnehmen.“
„Und wenn es ein geheimer Anruf war“, fragte Elsa, die fast nur ‚geheime‘ Handygespräche führte. „Konnte dann jeder mithören?“
Oma nickte. „Unhöfliche Leute taten das gerne.“ Sie grinste. „Und neugierige Mütter und Geschwister auch.“
„Oh!“ Mehr wusste Elsa da nicht zu sagen. So ein Anruf hatte ja damals ganz schön peinlich sein können.
„Wir waren übrigens sehr stolz auf unser Telefon“, fuhr Oma fort. „Es gab nur wenige Apparate im Dorf und wenn die Nachbarn telefonieren wollten, kamen sie zu uns. Oder sie gaben unsere Telefonnummer an und dann erhielten wir die Anrufe der Nachbarn. Das war manchmal gar nicht lustig, besonders wenn das Telefon nachts läutete und einer von uns Kindern erst einmal den Nachbarn ans Telefon holen musste.“
„Das war aber auch bestimmt spannend“, überlegte Jakob. „Ich wüsste gerne, was die Nachbarn hier so alles zu erzählen haben. Hoho! War das nicht cool?“
„Hm. Dazu sage ich nun besser nichts.“ Oma Marion grinste.
„Und was machst du jetzt mit diesem ollen Apparat?“, fragte Elsa.
Oma Marion grinste noch mehr. „Den schenke ich meiner lieben neugierigen Schwester Ingrid zur Erinnerung. Die war nämlich immer, wenn ich einen wichtigen Anruf bekam, wie eine Steinsäule mit gespitzten Ohren neben dem Telefon stehen geblieben und ich musste sehr aufpassen, dass ich nichts Falsches sagte, was sie hätte weiter petzen können.“
Tante Ingrid war eine neugierige Petze? Oha! Das hätten die Geschwister ihr nicht zugetraut, wo sie doch immer aus allem ein großes Geheimnis machte. Oh! Oh!
„Ich glaube, das wird sie freuen“, sagte Jakob mit einem Grinsen.
„Oh ja“, stimmte Oma Marion mit grimmiger Miene zu. „Erinnerungen können manchmal sehr erhellend sein. Und lehrreich.“
Na gut, das verstanden die Geschwister nun nicht unbedingt, aber sie wollten auch nicht neugierig sein. Nicht so neugierig wie Tante Ingrid damals, als sie neben Oma beim Telefon stand und lauschte.

© Elke Bräunling

Bildquelle © Alexas_Fotos/pixabay

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