Der helle Schleier der Stille

Kleine Fantasiereise im November – Spätherbst, Waldspaziergang, Nebelfantasie, Stille der Nebelwelt

Ein Nebeltag ist heute. Kühl ist es, trübe, trist.
Du trittst ans Fenster. Der Nebel hat es mit einem matten Glanz überzogen.
Suchend spähst du durch die Nebelwolken zu dem Berg am Rande des Städtchens hinüber. Du kannst ihn nicht sehen. Auch der Wald mit der Burgruine ist verschwunden.
„Und sie sind doch da“, murmelst du. „Sie kuscheln sich nur ein in einen frühen Winterschlaf.“
Du lächelst und gehst in Gedanken durch die nebelnassen Straßen zum Waldrand. Über die Brücke des Flüsschens, dessen Bett sich unter einer silbergrauen Wolkendecke verbirgt, führt dich dein Weg zum Waldparkplatz.
Ganz alleine bist du heute dort. Sie gehört ganz dir, diese helle Nebelwelt im Wald, die eine freundliche, stille Welt ist.
Langsam, andächtig fast, gehst du den Weg, der bergan führt.
Große Nebelgeister mit ausladend weiten grauen Armen, die an Nichtnebeltagen nichts weiter als Bäume sind, begleiten dich auf deinem Weg.
Manche nicken dir zu. Sie schicken dir ein paar letzte braune oder gelbe Blätter, die langsam durch die Nebelluft trudeln und mit einem sanften Knistern zu Boden fallen.
Auf einem dieser Baum-„Nebelgeister“ sitzen zwei Raben. Sie krächzen dir ihr Nebellied zu.
Krah! Krah!
Du winkst ihnen zu, lachst, rufst „Hallo!“ und „Krah! Krah!“ und folgst dem Weg weiter bergan in die Weite des Nebelwaldes. Noch lange begleitet dich das „Krah! Krah!“ der Raben auf deinem Weg. Dann ist es wieder still.
Die Stille, die dich umgibt, gefällt dir. Sie tut dir gut.
Es ist eine beruhigende Stille.
Dir ist, als schmücke sich die Waldwelt mit einem hellen Schleier der Stille.
Für einen Moment hältst du inne, bleibst stehen.
Du blickst dich um.
Stille. Silbergraue helle Stille.
Man kann sie sehen, die Stille, denkst du und breitest die Arme aus.
Und fühlen kann man sie.
Gut fühlt sie sich an und feierlich.
Feierlich still.
Und feierlich still fühlst auch du dich.
Still und ruhig. Und wohl.
Wohl und geborgen unter dem Schleier der Stille.
Tief atmest du die Nebelluft ein.
Sie duftet nach Herbst, nach Blättern, nach feuchter Erde, nach Tannenzapfen und Harz, nach Äpfeln und Weintrauben… und ein kleines Bisschen auch nach Zuckerwatte und Zimt.
Hmmm …
Du genießt diese Stille und diesen Duft noch ein Weilchen …
Dann verabschiedest du dich von der stillen Welt des Nebelwaldes und kehrst in Gedanken zu deinem Platz am Fenster zurück.
Du blickst noch einmal aus dem Fenster zu dem Berg hinüber, der unter Nebelschleiern ruht, winkst und freust dich auf einen leckeres warmes Getränk. Vielleicht mit duftenden Äpfeln und Zimt?

© Elke Bräunling

Auch hier bist du in der Fantasie in der Nebelwelt des Herbstes unterwegs: Das Licht und die Stille des Novembers und Die Farben des späten Herbstes

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Nebelmorgen, Bildquelle © couleur/pixabay

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