Christkind in der Badewanne
Weihnachtsgeschichte für Senioren zum Vorlesen – Die Badewanne in der Küche
Am Tag vor Heiligabend war bei uns Badetag. Wir Kinder wurden in der Zinkwanne, die in der Küche stand, abgeschrubbt nach dem Motto: Der Sauberste zuerst.“
„Igitt! Wie eklig“, entfuhr es Anna. Entsetzt blickte sie Uroma Rosi an.
Auch Mama war nicht begeistert. „Ach, Oma!“, tadelte sie. „Das ist wahrlich keine Geschichte, die man sich beim Mittagessen gerne anhören mag.“
„Dann eben nicht!“ Uroma Rosi war beleidigt. „Wir sind damals jedenfalls mit dem warmen Wasser sparsam umgegangen. Es musste ja auf dem Kohleherd erhitzt werden und kam nicht einfach aus der Leitung so wie heute.“
„Hattet ihr denn kein Badezimmer? Man wäscht sich doch nicht in der Küche!“
Anna wollte nicht glauben, was die Uroma erzählte. So viele Dinge, die es früher gegeben haben soll, waren ihr unerklärlich. Das mit dem Bad in der Küche aber nun ganz besonders. So ein Quatsch!
„Ein richtiges Bad gab es nicht, nur eine Waschküche im Keller und in der war es bitterkalt. Der wärmste Ort im Haus war eben die Küche und deshalb badeten wir auch hier.“ Oma Rosi kicherte nun. „Viel Spaß hatten wir dabei! Besonders, wenn meine kleinen Brüder Zeter und Mordio schrien, weil sie das Haarewaschen mit all der Seife im Gesicht hassten.“
„Echt jetzt?“ Anna staunte nun doch. Sie stellte es sich vor, wie lustig so eine Wasserschlacht in der Küche sein konnte. Nachdenklich war sie aber auch geworden. „Seid ihr so arm gewesen? Das Haus, das du mir gezeigt hast und in dem du als Kind gewohnt hast, ist doch groß!“
„Das stimmt, aber dort wohnten nicht wir alleine. Meine Eltern hatten damals Fremde aufgenommen, die fliehen mussten und keine Bleibe mehr hatten. Wo sollten die denn auch hin? Meine beste Freundin Helene war auch mit ihrer Familie bei uns untergekommen und ich war sehr traurig, als sie später wieder auszogen, weil sie eine eigene Wohnung zugeteilt bekamen.“
Anna nickte. Diese Helene kannte sie. Jedes Mal, wenn sie mit Uroma Rosi auf den Friedhof ging, besuchten sie auch Helenes Grab. Nicht viel älter als Anna ist sie gewesen, als sie sterben musste. Wegen dieser Wunde aus dem Krieg, die nicht hatte heilen wollen.
„Hat Helene auch bei euch in der Küche gebadet?“, fragte sie.
„Ja, das hat sie. Aber an einem anderen Tag als wir. Da durften dann nur ihre Geschwister und ihre Eltern die Küche betreten. Damals haben wir uns noch nicht so frei gefühlt, wie ihr es heute tut. Wir schämten uns, einem Fremden nackt zu begegnen.“
Das konnte Anna gut verstehen. Sie mochte es auch nicht, wenn ihr jemand beim Baden zusah, außer Mama und Papa natürlich.
„Und an diesem Tag vor dem Fest“, fuhr Oma Rosi fort, „stand da doch plötzlich das Christkind in unserer Küche. Kannst du dir das vorstellen? Es sei auf dem Weg von Haus zu Haus und wäre deshalb schon einen Tag früher hier in unserer Straße unterwegs, hatte es gesagt und gelacht. Was war das für ein Schreck gewesen! So lange hatten wir uns auf den Besuch des Christkinds vorbereitet und nun das! Mir schwirrte der Schädel und enttäuscht war ich auch. Mein Gedicht aber habe ich dann doch aufgesagt. Nackt mit nur einem Handtuch um die Hüften und Seife auf dem Kopf.“
„Welches Gedicht?“, wollte Anna wissen, die nicht so recht daran glauben konnte, dass das Christkind höchstpersönlich erschienen war.
„Ja, lass mich einen Moment nachdenken!“, forderte Oma Rosi. Dann sagte sie:
„Glitzerglanz und Seifenschaum,
im Wohnzimmer der Tannenbaum,
heute steh ich vor dir nackt,
hast du ‚was Schönes eingepackt?“
„Oh! Das hast du gerade erfunden!“ Anna lachte. „Das hast du bestimmt nicht für das Christkind gelernt. Hoho! Aber toll ist’s! Und lustig auch. Eigentlich will ich auch mal so einen Christkindbesuch haben.“ Sie grinste. „Ob ich an Weihnachten auch einmal in der Küche baden soll?“
„Sei froh, dass es eine Badewanne gibt!“, meinte Uroma Rosi. „Das Christkind wird auch so kommen.“
Ja, ganz bestimmt. Anna aber nahm sich vor, Uroma Rosis Gedicht für das Christkind auswendig zu lernen. Man konnte ja nie wissen.
© Elke Bräunling & Regina Meier zu Verl
Weihnachtspuppe, damals – Bildquelle: © geralt/pixabay
Geschichte für Senioren zum Vorlesen, bei Veranstaltungen u. geselligem Beisammensein, im Seniorenheim und/oder Zuhause
Wir hatten einen Ölofen im Badezimmer, der so seine Tücken hatte. Und da meine Eltern lange Zeit nicht grade begütert waren, wurde eisern gespart. Deshalb mussten wir auch lange Zeit ein und dasselbe Badewasser nutzen, und meine Mutter wachte mit Argusaugen darüber, dass ja nicht zu viel warmes Wasser nachgefüllt wurde. 😉
Ich glaube, das war in unserer Generation noch gang und gäbe. Wir hatten zwar ein Badezimmer, doch ich musste immer zusammen mit meinem Bruder baden. Manchmal saß auch mein Vater mit in der Wanne + Badeente + Segelboot + Gummitieren. Das war dann aber immer sehr lustig und endete in kleinen Badezimmerüberschwemmungen 🙂