Krippenweihnacht wie früher
Adventsgeschichte für Senioren – Bald beginnt das Krippenspiel
„Wie die Zeit rast!“ Die alte Frau Beutel seufzte. „Gerade meine ich, es sei gestern gewesen, als ich mit meiner Mutter und meinen Geschwistern die Krippenweihnacht besucht habe. Und heute gehe ich mit meinem Urenkel dorthin, und der ist auch schon wieder ein großer Junge.“
Sie seufzte wieder. Ein Seufzen, das glücklich klang, das ihre Wangen rötete und die Augen erstrahlen ließen. Sie blickte auf ihre Armbanduhr.
„Er wird mich gleich abholen. Ah! Ich bin sehr gespannt, ob sich die Krippenweihnacht sehr verändert hat in all den Jahren. Was war es für ein schönes Fest damals gewesen! Es ließ uns diesen unseligen Krieg, das Elend, den Kummer und auch unseren Hunger für ein paar festliche Stunden vergessen.“
„Ja, wir werden alle nicht jünger“, bemerkte ihre Nachbarin, Else Kramer, spitz. „Meinen Sie denn, diese Veranstaltung könnte jener ärmlichen Festlichkeit in Ihren Nachkriegserinnerungen irgendwie noch ähneln?“
Anna Beutel lächelte.
„Ja“, sagte sie. „Das glaube ich. Oder was, meinen Sie, könnte sich in den siebzig Jahren, die die Zeit mit uns im Lebensrad weitergelaufen ist, geändert haben? Die Krippe vielleicht? Das Kind, das darin liegt? Oder Maria und Josef, die Hirten, Ochs und Esel, die Schafe, der Engel, die heiligen Könige oder sonst irgendetwas von oder an der alten Geschichte? Was denken Sie?“
Else Kramer schwieg. Auch von den anderen Herrschaften, die mit am Tisch saßen, sagte keiner etwas.
“Die Liebe, die einen Weg begleitet”, fuhr Anna Beutel fort, “rückt das Bild zurecht, das Begegnungen und Ereignisse zeichnet. Sie ist es, die sie im richtigen Licht erscheinen lässt und die Erinnerung nährt, und die wiederum kann einem von niemandem genommen werden. Auch nicht von der Zeit und der Vergänglichkeit.”
Sie erhob sich, zog Mantel, Schal und Mütze an und deutete eine kleine Verneigung an.
“Sie entschuldigen mich? Ich habe nun etwas vor. Einen frohen vierten Advent Ihnen allen.”
© Elke Bräunling
Liebe Eli,
mal wieder eine der schönen Geschichten, die das Leben schreibt.
Es stimmt, Weihnachten bleibt wie es ist und wahr. In unseren Erinnerungen ist es ein Aufleben der Kindheit, der schönsten Augenblicke unserer Herzen. Wir sehen nichts anderes, als nur den Traum der Vergangenheit. Aber wir wissen auch um die Botschaft von Weihnachten. Wir nehmen das Geschenk von Weihnachten an und damit verpflichten wir uns dem anderen, dem Gegebenden, sich zu nähern, zu folgen?
So einfach, wie es scheint, ist es nicht mit den Geschenken, oder?
L.G. Hilde
Liebe Hilde,
wie schön, von dir wieder zu lesen. Ich freue mich.
In der Erinnerung scheint vieles oft schöner zu sein, manchmal trifft dies auch zu, u.a. einfach auch deswegen, weil sich der Zeitgeist ändert und die Geschmäcker und Erwartungen andere sind. Man mag sich dem angleichen oder lieber sein eigenes Ding machen, zB. das Schwelgen und Festhalten an Althergebrachtes, Erinnerungen. Jeder wie er mag. Das ist das Herrliche an der Freiheit, die wir hier in unserem derzeit so viel kritisierten Land leben dürfen.
Was die Gaben und Geschenke betrifft, nicht allein die materiellen: Gerade da soll es kein Muss/müssen geben. Ein ehrliches Geschenk nährt sich aus Anderem, nicht Greifbarem. Schwer zu erklären, doch ich denke, du verstehst?
Liebe Grüße und eine schöne letzte Adventswoche für dich
Elke