Spargel ist teuer
Geschichte vom Sparen – Das Essen – und auch der Garten – hat plötzlich seinen Preis
Ein lang ersehnter Duft zog lockend durchs Haus. Martha schnupperte. Spargelduft mit einer leichten Knoblauchnote.
„Hm. Frischer Spargel mit Bärlauchbutter!“, murmelte sie. „Frühlingszeit ist Spargelzeit und Kräuterzeit und … ach, ich freue mich.“
„Martha, Martha, du denkst nur ans Essen.“ Arno kam ihr aus der Küche entgegen.
Martha musste lachen. Mit seiner Schürze HIER KOCHT DER CHEF sah er zu albern aus.
„Holst du uns eine schöne Flasche Weißwein aus dem Keller?“, fragte sie.
„Schon geschehen!“ Er lächelte. „Denkst du, ich weiß nicht, wonach dir zum ersten Spargelmahl der Saison gelüstet?“
„Wenn ich dich nicht hätte, Chef!“ Martha stippte mit dem Zeigefinger auf den „CHEF“ in der Küchenschürze. „Nicht nur für heute. Zu Spargel gelüstet es mir immer nach einem guten trockenen Weißwein.“
Arne wurde ernst. „So oft wie sonst werden wir ihn uns dieses Jahr nicht leisten können“, meinte er. „Weder den Spargel noch den Wein. Es ist alles so teuer geworden.“
„Stimmt, aber lass uns nicht die Laune mit trüben Gedanken verderben. Ändern können wir es nicht und uns geht es doch gut!“, meinte Martha. Überzeugend klang sie nicht, denn längst machte sie sich Gedanken über das, was die Welt gerade in Unruhe versetzte.
Arne schien ihr nicht zuzuhören. Er war ans Fenster getreten und blickte in den Garten mit seinen herrlich bunten Frühlingsblumen hinaus.
„Wir sollten uns von einem Teil der Blumen für dieses Jahr verabschieden und Gemüse anpflanzen, Kartoffeln und …“
„Niemals werden die Blumen weichen“, unterbrach ihn Martha. „Die brauche ich für meine Seele, denn auch die will Nahrung haben. Geht es dir nicht auch so?“
Arne nickte. „Schon, aber wenn wir uns nur noch wenig Gutes zum Essen kaufen können, nützen sie unserer Seele auch nichts mehr.“
In Marthas Kopf kreisten die Gedanken. Übertrieb Arne nicht ein bisschen?
„Du siehst zu schwarz“, meinte sie zögernd. „Bestimmt sinken die Preise in einigen Wochen wieder. Die Haupterntezeit beginnt doch bald. Wir werden schon nicht verhungern und …“
„Und wenn nicht?“, unterbrach er sie.
„Dann werden wir uns eben einschränken. Es muss nicht unbedingt Spargel sein, eine Kartoffelsuppe kann auch sehr lecker schmecken.“
Arne nickte. „Stimmt. Mit Würstchen!“ Er versuchte zu lachen, doch es klang aufgesetzt. Irgendwie war ihm der Appetit vergangen. Dabei hatte er sich so viel Mühe mit der Zubereitung des Essens gemacht.
„Nimm nicht immer alles so ernst, Arne! Es wird sicher nicht so schlimm werden.“ Martha merkte, wie sie die Geduld verlor und wie sich eine unermessliche Wut in ihrem Bauch ausbreitete. Sollte es wirklich sein, dass das Leben ihnen wieder einmal einen Strich durch die Rechnung machte? Musste sie ihren Lebenstraum vom Blumenparadies begraben? So lange und so schwer hatte sie dafür gearbeitet und gespart und nun endlich hatten sie die Rente – und die Freiheit – erreicht. Und nun das!
„Wir machen das Beste daraus“, versprach Arne, der merkte, dass die Stimmung kippte. „Wer sagt denn, dass man Gemüse und Blumen nicht zusammen pflanzen kann? Ich habe gelesen, dass man Blumen als Schädlingsbekämpfer zum Gemüse pflanzen kann und umgekehrt. So schnell lassen wir uns nicht unterkriegen.“
„Das ist eine gute Idee.“ Martha versuchte ein Lächeln. „Das könnte sogar recht hübsch werden.“
„Lass uns einen Plan machen!“, meinte Arne. „Doch jetzt genießen wir erst einmal unser teures, wertvolles Mahl. Guten Appetit, meine Liebe!“
© Elke Bräunling
Wehmut?, Bildquelle ©pasja1000/pixabay