Amalies Lieblingslampe
Nostalgische Geschichte für Groß und Klein – Ein besonderes Licht für gemütliche Tage
„Nein, nicht diese Lampe!“
Aufgeregt deutete Uroma Amalie auf die gemütliche Schirmlampe, die in der Ecke bei dem noch gemütlicheren Lesesessel steht.
„Die darfst du nicht anknipsen!“
Die Lampe nicht einschalten? Die dunkle Ecke konnte doch echt ein bisschen Licht vertragen.
„Ist sie kaputt?“, fragte Johanna. „Zeig mal her!“
Und schon zog sie an der silbernen Kette und schaltete das Licht an.
„Geht doch, Oma! Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Die Lampe ist völlig in Ordnung. Und wie schön sie noch ist, trotz ihres Alters. Ich mag sie sehr.“
„Ich auch!“ Uroma Amalies Stimme klang nun kläglich. „Über alles liebe ich sie. Es würde mich sehr traurig machen, wäre sie defekt.“
„Ist sie ja nicht. Du musst dich nicht aufregen. Und traurig musst du auch nicht sein.“
Oma Amalie grinste schwach. „Ich bin nicht traurig, nur besorgt. Sie soll mir halt noch lange Zeit Freude bereiten, diese Lampe. Deshalb passe ich ganz besonders auf sie auf.”
„Das brauchst du wirklich nicht!“ Vorsichtig zog Johanna wieder an der Kette und schaltete das Licht aus. Dann wieder an und aus und an. Siehst du, es ist alles in Ordnung! Und das Licht ist ein besonders schönes. Heimelig und golden, fast wie Kerzenlicht so gemütlich. Du hast recht, Oma. Das ist eine ganz besondere Lampe.“
Wieder schaltete sie die Lampe aus und wieder an.
„Hör auf! Hör sofort auf!“ Uroma Amalies Stimme war nun laut geworden. „Sie muss geschont werden. Ich mag es nicht leiden, wenn du sie andauernd ein- und ausschaltest.“
„Davon geht sie doch nicht kaputt, Oma!“ Johanna schüttelte verständnislos den Kopf. „Du musst nicht so vorsichtig sein!“
„Doch! Ich muss. Ich habe nämlich nur noch zwei von den alten Glühbirnen, die es nicht mehr zu kaufen gibt, übrig. Deshalb muss ich sparsam sein mit dem Licht in meiner Lieblingslampe.“
„Aber Oma!“ Johanna musste lachen. „Es gibt doch Ersatz! Die neuen Lichtquellen kannst du genau so wie deine Glühbirnen in die Birnenfassung der alten Lampe einschrauben. Da passiert gar nichts.“
„Doch. Viel passiert!“ Uroma Amalies Stimme war düster geworden. „Das Licht dieser neuen Dinger ist längst nicht so gemütlich und warm. Es macht mich traurig.“ Sie schluckte. „Ich weiß, ich weiß, man soll auch im Alter neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen sein, aber nicht alles, was neu und modern ist, ist auch gut. Und das neue Lampenlicht ist es definitiv nicht. Sieh nur genau hin und vergleiche!“
Johanna lachte noch mehr. „Das redest du dir nur ein, Oma! Ich …“
Sie blickte mit anderen Augen nun auf die Lampe mit dem warmen, goldenen Licht und sagte nichts mehr. Und dieses plötzliche Schweigen war lauter als das Lachen und all die Worte zuvor.
© Elke Bräunling
Alte Lieblingslampe, Bildquelle © sgrunden/pixabay