Bäckerursel vom Weihnachtsmarkt
Bäckerursel vom Weihnachtsmarkt
Adventsgeschichte für Senioren zum Vorlesen
Ein Weihnachtsmuffel auf dem Weihnachtsmarkt
„Manchmal braucht es nur einen Duft von Plätzchen, und das Leben wird ein bisschen heller.“
Ein Duft von Schaumküssen, warmen Lebkuchen und alten Erinnerungen liegt in der Luft.
Diese Adventsgeschichte erzählt von Klaus, einem Weihnachtsmuffel, der eigentlich nur schnell einkaufen will und völlig unerwartet zum Nikolaus des Tages wird.
Mit einfacher Kurzfassung und Fragerunde.
Bäckerursel vom Weihnachtsmarkt
Früh am Morgen war Klaus in die kleine Stadt gefahren. Zum letzten Mal, wie er sich schwor. Er hasste Weihnachten und all den Rummel in der Zeit vor dem Fest und er beeilte sich mit den Besorgungen, die er zu machen hatte. Nur noch ein Gang zur Bäckerursel auf dem Weihnachtsmarkt am Rathausplatz, dann wieder ab nach Hause in die Ruhe des Walddorfes, in dem er seit sechs Jahren lebte.
Viel war auf dem Markt zum Glück nicht los, manche Buden hatten ihre Fensterläden noch geschlossen. Bis auf Bäckerursel.
Gutes Timing, dachte Klaus. Nur ungern hätte er gewartet und noch unlieber wäre er mit leeren Händen nach Hause zurückgekehrt. Er liebte so sehr die Schaumküsse, die es hier zu kaufen gab. Die schmeckten anders als die in Plastik abgepackten vom Supermarkt. Frischer, feiner, duftiger und unwiderstehlicher. Ebenso die Lebkuchen, die Dominosteine, Spekulatiuskekse, Pfeffernüsse, Butterplätzchen und das Spritzgebäck. Überhaupt die Weihnachtsplätzchen. Unnachahmlich fein mundeten die. Fast kamen sie an Elises Weihnachtsbäckerei heran, aber nur fast. Aber die war Geschichte so wie es Elise auch war. Bäckerursels Plätzchen waren auch nicht zu verachten und Grund, dem Weihnachtsmarkt doch alle Jahre wieder einen Besuch abzustatten.
Ah! Dieser Duft wieder! Klaus schnupperte, während er Ursel beim Verpacken der ausgewählten Naschereien zusah. „Das muss bis Weihnachten reichen.“
Ursel grinste. „Das sagst du jedes Jahr. Ich bin noch bis zum 23. Dezember hier. Du kannst also jederzeit für Nachschub sorgen.“
„Ich komme vor Weihnachten nicht mehr in die Stadt. Das weißt du doch.“
Die Ursel seufzte. „Du bist noch immer ein sturer alter Kerl.“
„Und du gibst nie auf, andere zu bekehren, nicht wahr?“ Klaus schmunzelte. „Schon in der Schule warst du so.“
„Wie … so?“
„So hartnäckig.“
„Du auch.“
„Hartnäckig. Und stur.“
Ursel seufzte und Klaus flüchtete sich wie jedes Mal an diesem Punkt ins Schweigen. Oft hatten sie diese Unterhaltung schon geführt!
„Was macht’s?“ Angestrengt fingerte Klaus in seiner Geldbörse herum.
„Nichts.“
„Nichts? Warum das?“ Klaus blickte auf und sah die alte Schulkameradin an. Blass war sie heute und ihre Augen waren von einem traurigen Glanz überzogen. Warum bemerkte er dies erst jetzt? „Hey! Was ist los, altes Haus? Was ist mit dir?“
„Ich bräuchte Hilfe. Die Hilfe eines alten Freundes.“
„So schlimm?“ Zärtlich fast sah Klaus sie an und fast meinte er, das kleine Schulmädchen mit den Zöpfen stünde wieder vor ihm. Er griff nach einer Haarlocke, die ihr ins Gesicht gefallen war und strich sie ihr hinters Ohr zurück. „Für dich tu ich alles. Das weißt du doch. Also! Was steht an?“
„Danke.“ Sie lächelte. „Ich habe gewusst, dass du mich nicht im Stich lässt. Du bist ein guter Freund. Wenn du wüsstest, wie dankbar ich dir bin.“
„A…aber ich h…habe doch noch gar nichts…“
„Nachher. Wir reden nachher. Jetzt müssen wir uns beeilen. Komm!“
„A…aber i…ich…“, versuchte es Klaus wieder, doch er kam über das Stammeln nicht hinaus.
Er stammelte noch, als Ursel ihn nebenan im Kirchsaal längst in ein Nikolauskostüm gesteckt und ihm einen Sack voller Lebkuchentüten, Nüssen, Apfelsinen und Geschenkpäckchen in die Hand gedrückt und ihn in einen Saal voller Kinder, die ihn mit aufgeregt glänzenden Gesichtern und leuchtenden Augen empfingen, geschoben hatte. Ein Nikolaus, der stammelte und darüber so lieb, schüchtern und herzenswarm war, dass sich alle Kinder keinen anderen Nikolaus je mehr wünschten. Lange noch sprachen sie vom Nikolaus und vom großen Klaus.
Auch Klaus grübelte noch lange. Ob es wirklich mit dem erkrankten Nikolaus an jenem Tag ein Notfall gewesen war? Oder hatte sie ihn hereingelegt, die Ursel aus seiner Klasse mit den süßesten Weihnachtsplätzchen und den traurigsten Augen?
© Elke Bräunling
Zwei weitere Nikolausgeschichten findest du hier:
🎅 Die alte Marga und die Furcht vorm Nikolaus
🍪 Der Nikolaus im Park

Kurzfassung
Bäckerursel vom Weihnachtsmarkt
Kurze, einfache Geschichte
Klaus fährt früh in die Stadt, um ein paar Dinge zu erledigen.
Er mag Weihnachten nicht.
Die Stadt mag er in der Weihnachtszeit schon gar nicht.
Zu viele Menschen!
Schnell möchte er seine Einkäufe erledigen.
Dann will so schnell wie möglich wieder heim.
Nur zur Bäckerursel auf dem Weihnachtsmarkt will er noch.
Jedes Jahr kauft er dort Schaumküsse und Weihnachtsplätzchen.
Es sind die besten. Und er liebt sie sehr.
Auf dem Weihnachtsmarkt ist es noch ruhig.
Als Klaus an Ursels Stand kommt, riecht es himmlisch nach frischem Gebäck.
Klaus und Ursel kennen sich seit der Schulzeit.
Immer noch necken sie sich wie früher.
Er ist der „sture Kerl“, sie die „Hartnäckige“.
Doch heute wirkt Ursel traurig
„Ich brauche deine Hilfe“, sagt sie zu Klaus.
Klaus nickt.
„Du weißt, ich helfe dir“, antwortet er. „Immer, wenn du mich brauchst.“
Da lächelt Ursel wieder.
„Ich wusste es!“, sagt sie. „Auf dich kann ich mich verlassen.“
Klaus nickt wieder und Ursel erklärt:
„Unser Nikolaus ist krank geworden“, sagt sie. „Du musst einspringen.“
Was für ein Schreck! Klaus wird ganz blass.
Er soll Nikolaus spielen? Vor vielen Menschen?
Das kann er nicht. Er geht Menschen doch immer aus dem Weg.
Aber kann er Ursel im Stich lassen?
Nein.
Das geht nicht.
Kurz darauf steht er im Nikolauskostüm im Kirchsaal.
Viele Kinder warten dort schon auf ihn.
Klaus stammelt.
Er ist unsicher, aber das gefällt den Kindern umso mehr.
Sie lieben ihn so, wie er ist: Warmherzig, schüchtern und echt.
Später fragt sich Klaus, ob es wirklich ein Notfall war …
Oder wollte Ursel ihn alten Einsiedler nur zu den Menschen bringen?
© Elke Bräunling
Fragerunde für Senioren
1 Kennen Sie jemanden, der ein richtiger „Weihnachtsmuffel“ ist?
2 Haben Sie früher auf dem Weihnachtsmarkt etwas besonders gern gekauft?
3 Mögen Sie Schaumküsse, Lebkuchen oder Butterplätzchen am liebsten?
4 Würden Sie selbst für jemanden einspringen? Z.B. als Nikolaus?
5 Welche Kindheitserinnerungen haben Sie an den Nikolaus oder den Weihnachtsmann?
6 Waren Sie schon einmal dankbar, dass jemand Ihre Stimmung aufgehellt hat?
7 Wie fühlt es sich an, wenn man gebraucht wird?
8 Glauben Sie, dass Freundschaften aus der Jugend ein Leben lang halten können?

