Vorräte für die Sicherheit

Geschichte von der Not dieser Tage – Vorräte sind wichtig, wenn der Strom mal ausfällt

„Einkaufen macht keinen Spaß mehr.“
Paula schmetterte ihren Einkaufskorb auf den Boden und ließ sich mit einem Seufzer auf die Bank vor dem Haus fallen. Sie verschränkte die Arme und streckte ihr Gesicht der wärmenden Herbstsonne zu.
„Wenn ich nicht so bequem wäre, würde ich mein Gemüse wieder selbst anpflanzen!“, murmelte sie und wunderte sich, dass jemand auf ihr Selbstgespräch einging.
„Sie sind doch nicht faul, meine Liebe! So oft sehe ich Sie aktiv und fleißig im Garten und auf der Terrasse herumwuseln. Das muss erst einmal einer nachmachen.“
Es war Nachbar Kurt, der näher gekommen war und höflich den Strohhut vom Kopf zog.
„Das tue ich ja auch und ich liebe es. Es gibt nichts Köstlicheres als eigenes Gemüse und würzige Kräuter frisch auf den Tisch. Sie haben recht, werter Nachbar!“ Paula versuchte es mit einem schiefen Grinsen. „Aber es reicht nicht.“
Kurt lächelte. „Ihr Gemüse genügt Ihnen nicht? Das sagen gerade Sie! Wie oft haben Sie gejammert, dass Ihre Ernte zu reich ausgefallen ist. Oder irre ich mich?“
„Sie verstehen mich falsch. Es reicht nicht, dass wir Gemüse anpflanzen. Wir müssen mehr tun, viel mehr, sonst fliegt uns unsere kleine Welt eines Tages um die Ohren.“
Aufgebracht hob Paula die Arme.
„Was sagst du da? Was ist an deinem Gemüse so weltbewegend?“
Kurt war erschrocken über ihren Wutausbruch und so verblüfft, dass er sie unversehens duzte, was ihm insgeheim auch besser gefiel.
Paula nahm es gar nicht wahr. „Wir müssen aufpassen“, sagte sie, leiser nun. „Du ahnst nicht, was ich heute beim Einkauf erlebt habe.“
Sie duzte ihn nun auch.
„Nun mach es nicht so spannend!“ Er setzte sich neben sie auf die Bank.
„Alles wird teurer, haben sie gesagt.“ Sie flüsterte es fast und das Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen wider. „Und … und wir sollen …“ Sie holte hörbar tief Atem und ließ ihre geballte Faust heftig auf sein Knie donnern.
„Hamstern sollen wir! Vorräte anlegen. Das denkt man sich doch im Traum nicht aus!“
„Hm. Aber ist es nicht ratsam, günstig einzukaufen, Sonderangebote für den Vorrat und so? Hamstern, das klingt negativ, weil wir das schon einmal hatten, aber …“
Kurt klang nun auch besorgt. Er drehte den Strohhut in den Händen, beinahe ein wenig verlegen, schien es Paula.
„Du hast ja recht“, meinte sie. „Es ist nur so, dass ich leicht den Überblick verliere und mir die Nahrungsmittelvorräte im Schrank verderben. Das bekümmert mich. Noch mehr aber bekümmert es mich, dass alles teurer wird und dass eine Not befürchtet wird und überhaupt … am liebsten möchte ich dreißig Jahre zurückreisen und in den 90er Jahren leben. Da erschien mir alles so einfach und die Welt war friedlich. Ach ja….“ Sie seufzte.
Kurt seufzte auch. „Ja, das waren schöne Zeiten. So sorglos und voller Hoffnung auf eine gute Zukunft, nicht wahr?“ Er brach ab, überlegte. „Vielleicht kommen sie ja bald wieder, diese besseren Zeiten. Und bis dahin gilt es, ruhig zu bleiben und klug zu handeln. Ich habe zum Beispiel ein Notizheft und führe Buch über meinen Vorrat. Wenn etwas neu dazu kommt, schreibe ich es auf. Mit Datum. Und was ich verbrauche, streiche ich weg. Das hilft mir, einen Überblick zu behalten, damit nichts Essbares verdirbt.“
„Oh, das ist eine wunderbare Idee!“ Paula strahlte. „Das werde ich nun auch so machen. Dankeschön, Herr Nachbar! Ein bisschen ist mir nun wohler zumute. Es ist doch gut, wenn man einen Weg findet, seine Probleme anzupacken und zu lösen, nicht wahr? Man muss nur einen Anfang finden …“
„Und ruhig bleiben“, ergänzt Kurt. „In der Ruhe liegt die Kraft.“

© Elke Bräunling


Vorratsschrank

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