Das Fundstück im Herbstgarten

Katzengeschichte für Groß und Klein – Wer stört da die Mittagsstille im Garten?

Irgendwo in der Nähe fiepte es und und von weiter weg klangen Stimmen streitender Kinder. Es nervte! Und wie!
Der alte Herr Berg verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Er hasste Ruhestörungen in der Mittagszeit und dies war eindeutig eine der besonders nervtötenden Art. Konnte man nicht einmal jetzt seine Ruhe beim Genuss der letzten herbstlich warmen Sonnenstrahlen haben?
„Verflixt und zugenäht!“, fluchte er und drehte an seinen Hörgeräten. Die Störungen wurden leiser, aber sie waren noch immer da.
Herr Berg beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Das Fiepen kam von links aus der Nähe des Gartenzauns. Oder? Er lauschte noch einmal nach links. Doch, da war etwas! Oder narrte ihn sein Verstand?
„Ich bin zwar alt und halbtaub, aber nicht blöd!“, brummte er.
Mit raschen Schritten überquerte er den Rasen und ging vorbei an den Tomatenstauden und dem fast abgeernteten Salatbeet zum Zaun, der mit welkenden Zaunwinden, Kapuzinerkresse und Wicken überwuchert war. Ein aufgeregtes Summen von Wildbienen und Hummeln empfing ihn, doch auch dem fremden  Geräusch war er hier nun ganz nahe.
Vorsichtig bog er das Gras zur Seite und arbeitete sich langsam vor, bis er die Stelle erreichte, von der das Fiepen kam. Ein winzig kleines Kätzchen lag da in einer Kuhle und maunzte jämmerlich.
Ein Kätzchen? Hier? Herr Berg erschrak. Damit hatte er nicht gerechnet. Mitleid regte sich in ihm. So ein armes kleines Wesen!
„Na du?“, fragte er zärtlich. „Bist du ganz allein?“
Das Kätzchen hob den Blick und sah ihn mit großen, blaugrünen Augen, die traurig und sehr verlassen wirkten, an. Dann maunzte es wieder.
„Wo ist deine Mama? Und hast du Hunger?“
Vorsichtig beugte er sich über das Katzenkind. Es war noch sehr jung. Zu jung, um alleine hier in den Gärten unterwegs zu sein.
Behutsam nahm er es auf und streichelte sein weiches Fell. Seine schlechte Laune war verflogen, jetzt galt es, dem kleinen Wesen zu helfen. Wahrscheinlich hatte es Durst und Hunger. Doch was gab man einem Katzenbaby? Er hatte keine Ahnung.
„Weißt du“, erklärte er dem kleinen Kerlchen, „ich habe immer Hunde gehabt. Früher. Der Leo, mein letzter Hund, hat sogar hier im Garten sein Grab. Ich vermisse ihn sehr. Aber was mache ich jetzt mit dir?“
Langsam ging er mit seinem kostbaren Fund zur Gartenbank zurück und nahm wieder darauf Platz, das Kätzchen auf dem Schoß.
„Lass uns nachdenken! Ich glaube, ich weiß, wen wir fragen können. Was meinst du, kleine Lea?“
Die kleine Katze maunzte wieder, der Name gefiel ihr wohl.
Herr Berg zog sein Handy aus der Tasche und blickte auf die große „Zwei“. Dahinter war die Nummer seiner Urenkelin Sarah versteckt und er schmunzelte schon jetzt, wenn er an das bevorstehende Telefonat mit ihr dachte. Sarah war eine Tiernärrin und er würde ihr mit seiner Bitte um Hilfe eine große Freude machen. Eine Freude für sie, für ihn und ganz besonders für das kleine Katzentier.
„Wir rufen sie nachher an“, erklärte er der kleinen Lea. „Nach der Mittagsruhe.“
Er lehnte sich gemütlich zurück und atmete tief durch. Wie schön das Leben doch war! Und irgendwie gefiel ihm diese seltsam magische Herbststimmung im Garten nun noch sehr viel mehr.

© Elke Bräunling

So niedlich, Bildquelle © LN_Photoart/pixabay

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