„Shoppen“ mit Großtante Hermine
„Shoppen“ mit Großtante Hermine
Heitere Adventsgeschichte
Zu blöd, wenn man ‚Joggen‘ mit ‚Shoppen‘ verwechselt…
Der November kann grau und nass sein, aber manchmal steckt mitten in diesem Nebel ein kleines Abenteuer. Großtante Hermine sorgt jedenfalls dafür, dass niemand einrostet: nicht Oma, nicht Niklas, und schon gar nicht sie selbst. Und wer glaubt, dass „Shoppen“ etwas mit Einkaufen zu tun hat, der hat Tante Hermine noch nicht im Hoodie erlebt.
Eine heitere Adventsgeschichte voller Missverständnisse, Bewegung und einem Überraschungsmoment zwischen Nebel und Tannenzweigen mit Kurzfassung in einfacher Sprache und Fragerunde.
„Shoppen“ mit Großtante Hermine
„Endlich November! Endlich Ruhe!“
Mit einem erleichterten Aufseufzen lässt sich Oma nach dem Mittagessen in ihren Lieblingssessel fallen. „Hier bleibe ich und stehe so schnell nicht mehr auf.“
„Grässlich!“, murrt Großtante Hermine. „Du wirst einrosten, das weißt du.“
Sie zieht ihre Jacke über und geht zur Terrassentür. „Mal sehen, ob es nicht doch noch etwas im Garten zu tun gibt. Und …“
„Nein!“, wehrt sich Oma. „Mit dem Garten sind wir fertig. Fix und fertig sogar. Lass ihm endlich seinen Winterschlaf.“
„Aber ich muss doch etwas tun!“, fauchte Tante Hermine sie an. „Stillstand ist etwas für Topfpflanzen.“
Und ich muss lachen. Es geht also wieder los.
Tante Hermine ist einfach nicht ausgelastet und ohne ihre regelmäßigen Frischluftportionen ist sie unausstehlich. Da hilft nur Ablenkung.
„Es soll gleich regnen“, sage ich schnell. „Du würdest nass werden, Tante Hermine!“
„Papperlapapp!“ Sie sieht mich an, als wolle sie mir ihre Entrüstung wie kleine Feuerfunken entgegen schleudern. „Seit wann glaubst du, ich sei aus Zuckerwatte?“
„E..ehem, ich …“ Krampfhaft suche ich nach einer passenden Antwort, doch sie kommt mir zuvor. „Los, Niklas! Zieh dir Mütze und Jacke an und begleite mich! Wir gehen shoppen!“
„Shoppen?“ Auch das noch. Und seit wann sagt Tante Hermine „Shoppen“? Sonst wettert sie immer gegen dieses „grässliche Denglisch“.
Andererseits kann ich vielleicht irgendwas Tolles abstauben, wenn Tante Hermine ihre Gönnerhosen anhat. Also ergebe ich mich in mein Schicksal, hole Mütze und Jacke und grinse.
Tante Hermine grinst auch, und dann ziehen wir los.
Es ist kalt draußen und es nieselt nun. Ein Wetter so richtig zum Verkriechen.
Tante Hermine verkriecht sich nun auch, nämlich in der Kapuze ihres weiten Hoodies, den sie immer zum Walking anzieht.
Ich stutze. „Willst du im Hoodie zum Shoppen gehen?“, erkundige ich mich vorsichtig.
Sie nickt ungerührt. „Aber ja. Außerdem gehen wir nicht zum Shoppen. Wir gehen zum Joggen! Und nun los jetzt!“
Und schon trabt sie los in die Nieselsuppe hinein.
Die Rechnung hat sie aber ohne mich gemacht. Ich bin doch nicht verrückt! Ich blicke auf meine neuen weißen Sneakers. Wie Mülltonnen sehen sie aus, wenn ich mit ihnen durch diesen Matsch latsche. Das mache ich nicht. Auf gar keinen Fall. Ich tue so, als habe ich mir bereits bei den ersten zehn Metern den Knöchel verstaucht und stöhne laut auf.
Tante Hermine lacht. „Den Trick kenne ich! Der ist uralt“, ruft sie fröhlich und läuft weiter. „Oder soll ich den Notarzt rufen?“
Sie blickt nicht einmal um, um nach mir zu sehen. Es könnte ja doch etwas Ernstes sein.
Ich stöhne lauter und folge ihr fluchend.
Schon sind wir bei den Feldern angekommen und die Tante steuert einen der ellenlangen Wirtschaftswege an. Der Nebel hängt dort so tief, dass selbst die paar Vögel wie graue Flecken wirken. Man sieht fast nichts. Einsam ist es hier und es ist so still, dass ich mein eigenes Schlucken höre. Nur die Krähen krächzen irgendwo weiter hinten.
Plötzlich tritt aus dem Nebel eine Gestalt hervor …
Ich schreie auf. Das ist ja wie in dem Fantasybuch, das ich gerade lese. Und nach Fantasy sieht dieser Typ auch aus.
Drohend baut er sich mitten auf dem Weg auf und blickt uns entgegen.
Boah! Wie gruselig! Und warum sagt die Tante nichts? Warum schreit sie nicht. Fürchtet sie sich denn gar nicht?
Bang sehe ich zu ihr hin.
Sie geht weiter auf den Typen zu und lacht.
Der sieht aus der Nähe gar nicht mehr gruselig aus, eher wie ein Holzfäller, der im Nebel steht. Nichts weiter.
„Na endlich!“, ruft Tante Hermine ihm zu. „Ich dachte schon, wir müssten die ganze Strecke bis rüber zum Wald laufen.“
„Nicht nötig!“ Der Kerl grinst und streckt uns seine Arme entgegen. Die sind beladen mit einem Berg Weihnachtszweigen. „Wie befohlen! Frisch geschlagen für eure Weihnachtsdeko. Passt das so?“
Tante Hermine lacht hell auf. „Natürlich passt das! Du bist ein Schatz, Paul!“
Ich starre die beiden an. „I-ihr kennt euch?“, bringe ich schließlich heraus.
„Aber natürlich!“ Tante Hermine lächelt. „Paul hilft mir jedes Jahr mit den Zweigen. Ohne ihn würde ich an Weihnachten alt aussehen.“
Paul zwinkert mir zu. „Und du bist der arme Kerl, den sie zum Joggen geschleppt hat? Mein Beileid.“
Ich musst lachen. Die Spannung fällt von mir ab wie nasser Nebel.
„Komm, Niklas“, befiehlt Tante Hermine. „Wir bringen die Zweige nach Hause und machen uns einen warmen Kakao. Joggen ist für heute erledigt.“
Das ist der schönste Satz des Tages. Und plötzlich ist der ganze Niesel-November ein bisschen weniger schlimm. Vielleicht liegt’s am Kakao. Vielleicht an Tante Hermine. Ich glaube: an beidem.
© Elke Bräunling

Kurzfassung
„Shoppen“ mit Großtante Hermine
Geschichte in einfacher Sprache
Es ist November.
Oma sitzt im Sessel und seufzt zufrieden. „Endlich Ruhe!“, sagt sie.
Aber Großtante Hermine hat keine Ruhe. Sie braucht Bewegung.
Sie läuft unruhig durchs Zimmer.
„Ich muss raus!“, sagt sie. „Ich muss etwas tun!“
Niklas versucht sie aufzuhalten. „Gleich regnet es!“, warnt er.
Doch Hermine winkt ab. „Ich bin doch nicht aus Zucker!“
Dann sagt sie plötzlich: „Los, Niklas! Zieh dich an! Wir gehen shoppen!“
Niklas staunt.
Seit wann sagt Tante Hermine „shoppen“?
Aber vielleicht kauft sie ihm ja etwas Schönes.
Also geht er mit.
Draußen ist es kalt und nebelig.
Tante Hermine zieht die Kapuze ihres Hoodies tief ins Gesicht.
„So, jetzt geht’s los!“, ruft sie. „Wir joggen!“
Joggen? Niklas ist entsetzt.
Er will seine neuen weißen Turnschuhe nicht schmutzig machen.
Er tut so, als hätte er sich den Knöchel verstaucht.
Doch Tante Hermine durchschaut ihn sofort.
„Der Trick ist uralt!“, ruft sie lachend.
Sie laufen weiter.
Der Nebel wird dichter. Alles wirkt ein bisschen unheimlich.
Plötzlich taucht eine Gestalt aus dem grauen Dunst auf.
Niklas erschrickt.
Er bleibt stehen. Sein Herz klopft.
Doch Tante Hermine lacht. „Na endlich!“, ruft sie.
Der Mann hebt die Arme.
Er trägt einen großen Arm voll Tannengrün.
„Wie bestellt!“, sagt er. „Frisch geschnitten für eure Weihnachtsdeko!“
Niklas atmet auf.
Es ist nur Paul, der Holzfäller.
Kein Monster aus dem Nebel.
Und Tante Hermine strahlt.
Das also war ihr „Shoppen“:
Kein Einkaufen, sondern Joggen und Weihnachtszweige holen.
© Elke Bräunling
💛 Fragerunde
👟 Bewegung & Alltag
• Waren Sie früher gern draußen unterwegs?
• Haben Sie Spaziergänge im Herbst gemocht?
• Kennen Sie Menschen, die nie still sitzen können?
🌫️ Nebel & Natur
• Erinnern Sie sich an neblige Tage?
• Wie fühlt sich für Sie ein Nebelspaziergang an?
• Waren Sie einmal im Nebel überrascht oder erschrocken?
🎄 Vorbereitung & Erinnerungen
• Haben Sie früher Tannenzweige für Weihnachten geholt?
• Wer hat in Ihrer Familie die Deko gemacht?
• Gab es ein Ritual vor dem Advent?
😊 Humor & kleine Missgeschicke
• Haben Sie schon einmal jemandem einen Streich gespielt?
• Oder wurden Sie selbst hereingelegt?
• Kennen Sie solche Missverständnisse wie beim „Shoppen“?
❤️ Gefühle & Nähe
• Gab es Menschen, bei denen Sie sich sicher gefühlt haben?
• Erinnern Sie sich an jemanden, der Sie oft zum Lachen brachte?
• Was würde Ihnen heute einen schönen Moment schenken?

