Warum Großtante Frieda ein Dörrgerät gekauft hatte
Fröhliche Herbstgeschichte für Groß und Klein – Von Pilzen, Beeren, vom Dörren, Sammeln und dem ‘Jagdfieber’
„Ich habe mir ein Dörrgerät gekauft“, verkündete Großtante Frieda. „Das ist sehr praktisch.“
„Wozu brauchst du das denn?“, knurrte Oma. Mit skeptischem Blick sah sie ihre Schwester an. „Du hast doch mit Küchenkram sonst auch nichts am Hut. … Was willst du eigentlich dörren?“
„Kräuter natürlich, Gemüse, Obst und Pilze. Ja, ganz viele Pilze.“
Ich musste lachen.
Das war wieder so eine von Großtante Friedas fixen Ideen. Es kam nämlich öfter vor, dass sie für etwas brannte und es unbedingt gleich umsetzen musste. Meist verliefen diese Ideen nach ein paar Tagen wieder im Sande.
„Du magst doch gar keine Pilze!“, sagte Oma nun und brachte das Unternehmen ‘Dörrgerät’ damit fast ins Wanken.
„Ich nicht, aber ihr.“ Die Großtante ließ sich nicht beirren. „Und ich wiederum mag es, Pilze zu sammeln, und das werde ich in den nächsten Wochen auch ausgiebig tun. Ihr werdet sehen, wenn ihr euch im Winter über leckere Pilzgerichte freuen werdet.“
Sie sah mich mit durchbohrendem Blick an.
„Kommst du mit, Niklas? Wir werden auch Beeren sammeln, Kastanien und Kräuter, so wie es die Menschen früher gemacht haben.“
Oh mein Gott! Mir wurde ganz schlecht. Ich würde mir etwas einfallen lassen müssen, um dem zu entgehen. Die Frage war nur, was das sein sollte.
Oma kam mir zur Hilfe.
„Niklas brauche ich hier im Garten, meine Liebe. Die Kartoffeln müssen ausgemacht werden und du weißt ja, mein Rücken plagt mich gerade etwas.“
Oha? Was war nun das kleinere Übel? Das mit den Kartoffeln würde auch meinem Rücken zu schaffen machen und wer, bitte, pflanzte heute noch Kartoffeln im Garten außer Oma? Die kaufte man doch einfacher im Laden oder auf dem Markt. Waldbeeren, Kastanien und Pilze hingegen gab es nicht so reichlich zum Kaufen und so einen Nachmittag im Wald stellte ich mir auf einmal doch ganz nett vor. Besser jedenfalls als die Arbeit in Omas Kartoffelbeet.
„Okay, Tante Frieda“, sagte ich daher schnell. „Ich bin dabei.“
„Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann, mein Junge. Wir werden uns ein kleines Picknick einpacken und dann geht’s los.“
Die Aussicht auf einen leckeren Snack zwischendurch versüßte mir das Unternehmen ‘Dörrgerät’ doch sehr.
Und ehrlich, es war eine gute Entscheidung. Großtante Frieda konnte nämlich sehr lustig sein. Sie verhielt sich gar nicht so schräg, wenn Oma nicht in der Nähe war. Komisch.
Jedenfalls sammelten wir zwei große Becher Brombeeren, eine Tüte voller Esskastanien und oben beim Auenstein neben den alten Eichen fanden wir eine große Steinpilzfamilie.
Wir hätten noch viel mehr sammeln können, aber so groß war der neue Dörrapparat nun auch nicht.
„Wir könnten öfter zum Sammeln gehen!“, schlug ich vor und Tante Frieda strahlte.
„Es macht Spaß, nicht wahr?“, fragte sie mich und ihre Wangen glühten, so sehr freute sie sich. Sie sah gleich viel jünger und fröhlicher aus.
Ich fühlte mich auch fröhlicher und ehrlich, einen tollen Pilz oder einen Busch mit süßen Beeren zu entdecken, fühlte sich total gut an. Es kribbelte im Bauch. Das sei so etwas wie Jagdfieber, hatte mir die Großtante erklärt.
„Und deshalb habe ich den Dörrautomaten auch gekauft“, gestand sie auf dem Rückweg. „Ich liebe es nämlich, dieses Jagdfieber.“
„Ich auch“, gab ich zu und musste lachen.
Es war ein Fieber, das ich sehr sympathisch fand. Und wir beschlossen, nun öfter auf Sammeljagd zu gehen. Der Wald hatte so viel zu bieten, gerade jetzt zu Beginn des Herbstes.
© Elke Bräunling
Beeren sammeln, Bildquelle © wal_172619/pixabay