Mutters Plätzchen
Adventsgeschichte mit Erinnerungen – Die Weihnachtszeit schmeckt süß mit den besten Plätzchen der Welt
Das Leben hatte es in letzter Zeit gut mit Ferdinand gemeint. Er war zufrieden mit sich und der Welt. Nur dass sein Bauch sich immer mehr rundete, störte ihn ein wenig. Doch darüber würde er im neuen Jahr nachdenken. Jetzt kam erst einmal die Weihnachtszeit mit all ihren herrlich verführerischen Leckereien.
„Tja, da kann man nichts machen!“, murmelte er und steckte sich genüsslich eine Marzipankartoffel in den Mund.
Hm! Die erste Marzipankartoffel im Jahr war doch immer etwas Besonderes. Er schob die Süßigkeit mit der Zunge im Mund hin und her und genoss die himmlische Süße, die für ihn mehr als jede andere Leckerei nach Weihnachten schmeckte.
Ferdinand schloss die Augen. Ja, das konnte er, genießen und sich damit in eine Zeit zurückversetzen, in der seine Mutter im Advent so manche Köstlichkeit zubereitet hatte. Wenn er an ihre Vanillekipferl nur dachte, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Nie wieder hatte er bessere gegessen. Und die Butterplätzchen! Das Spritzgebackene! Ja, und die kleinen, scharfen, festen Pfeffernüsse, an denen man sich fast die Zähne ausbiss und die dennoch so lecker süß und gleichzeitig pfefferscharf schmeckten, dass er ihnen nicht widerstehen konnte. Eine nach der anderen hatte er sie sich als kleiner Junge in den Mund geschoben und erst einmal unter die Zunge gesteckt, damit sie aufweichten. Hmm! Nie wieder hatte er je so köstliche Weihnachtsplätzchen gegessen. Seine Mutter war eine Meisterin gewesen.
Er seufzte.
„Ferdi, schläfst du?“
Ferdinand riss erschrocken die Augen auf. „Nein, Mama“, stammelte er. „Ich träume nur ein bisschen.“
Ein helles Lachen weckte ihn dann richtig auf. Vor ihm stand Erika, seine Frau.
„Ich bin aber nicht deine Mama! Hast du von ihr geträumt, Liebling?“, fragte sie amüsiert.
„Ich? Nein. Oder doch!“ Er riss die Augen auf, schüttelte sich, dann sah er seine Frau an. „In gewisser Weise habe ich wohl von ihr geträumt, nein, besser von ihren Weihnachtsplätzchen. Es waren die allerbest …“
„Sprich nicht weiter!“ Erikas tat gekränkt, doch ihre Augen lachten. Sie kannte seine Sehnsucht nach den Backkünsten seiner Mutter.
„Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich das Rezeptbuch deiner Mutter neulich hinten im Bücherregal gefunden habe?“, fragte sie.
„Nein, das hast du nicht.“ Ferdinand blickte auf und ein Strahlen überzog sein Gesicht. „Das ist ja wundervoll. Wir … wir könnten doch vielleicht …“
„Daran habe ich auch schon gedacht.“ Erika lächelte nun. „Lass uns morgen die Plätzchen deiner Mutter backen!“
Sie verriet ihm nicht, dass deren Rezepte aufs Haar jenen Rezepten glichen, die sie von ihrer Mutter übernommen und seither Jahr für Jahr nachgebacken hatte. Man musste ja auch nicht alles verraten.
© Elke Bräunling
Bildquelle © Sabrina_Ripke_Fotografie